Lesen, Wandern, Palavern

Kategorie: I, Me and Self (Seite 1 von 3)

Wechseljahresliteratur

Zwei sehr verschiedene Bücher für die Frau um die 50. Beide Bücher sind recht orangefarben, sonst sehr unterschiedlich.

Intro

Ich habe ja inzwischen ein gerütteltes Maß an Büchern über die Wechseljahre im weitesten Sinne gelesen, manches ältere Bücher, die vor Jahrzehnten eine Pionierleistung waren, und auch aktuellere Werke. Manche Bücher konzentrieren sich auf das medizinische Wissen, andere betonen mehr die Psychologie und wieder andere auch spirituelle Aspekte. Viel wiederholt sich, viel widerspricht sich. Gerade lese ich ein Buch, das in den letzten Jahren wohl zu den bekanntesten Bestsellern zum Thema gehört: Woman on Fire von Dr. Sheila de Liz. Und ich muss gestehen, ich war ein bisschen enttäuscht und tat mich schwer, über die Hälfte hinauszukommen, und habe so die zweite Hälfte nur noch durchgeblättert und überflogen.

It’s the estrogen, stupid!

Ja, sie schreibt flott, leicht und auch humorvoll (Östrogen, Progesteron und Testosteron als die drei Engel für Charlie), wertschätzend, tabufrei und als Fachfrau hat sie mit vielem sicher recht. Aber den Untertitel „Alles über die fabelhaften Wechseljahre“ fand ich darin nicht so recht wieder. Ja, sie greift auch Themen auf wie den Sex mit Ü50, der in anderen Büchern ein bisschen kurz kommt, und der Tipp, rechtzeitig mit östrogenhaltigen Salben im Vaginalbereich zu beginnen, klingt sinnvoll. Aber auch sonst scheint – wenn man ihr glaubt – in den Wechseljahren an einer Hormonersatztherapie (HET) mit bioidentischen Hormonen fast kein Weg vorbeizuführen, will man nicht als eine Art demente Dörrpflaume mit Glasknochenkrankheit enden. Was ist daran fabelhaft? Bestenfalls kann man genug Hormone einnehmen, dass sich wenig ändert. Schlimmstenfalls – siehe oben. Ich empfinde das als sehr defizitorientiert.

Und ich denke auch manchmal – man stelle sich vor, die für Eltern und Teenager so beschwerlichen Pubertätsjahre könnte man mit entsprechenden Hormonprodukten viel smoother und reibungsfreier gestalten… Wie fühlt sich der Gedanke an? „Aber die müssen doch rebellieren und sich wegstrampeln und mal richtig histrionisch sein“, denke ich. Aber wer sagt denn, dass wir Frauen in den Wechseljahren nicht auch mal rebellieren und strampeln und histrionisch sein müssen?

Mir ist natürlich bewusst, dass die Brustkrebs-Horrorstories aus den 20. Jhd sich noch auf ganz andere Arten von Hormontherapien bezogen. Dennoch raten auch heute noch viele Ärzte von Hormontherapie eher ab, wenn es in der Familie schon mal Brustkrebs gab (was bei mir der Fall ist), oder regen zumindest an, es sehr genau abzuwägen. Das gilt übrigens auch für Phytohormone wie jene aus Yams, Sibirischem Rhabarber, Rotklee oder was weiß ich. Die Aussagen schwanken zwischen „potentiell schädlich“, „keinerlei Wirkung“ und „eine Alternative zur HET bei leichteren Symptomen“. Da soll frau sich mal entscheiden, was sie mit leichten bis moderaten Beschwerden tun soll…

Ohne HET nur noch eine Ruine, dem Verfall preisgegeben?

It’s (only) the estrogen, stupid?

Was mich an dem Buch auch etwas enttäuschte, ist, dass jenseits von HET (und ein paar Tipps rund um Sex) relativ wenig Raum auf die generelle Lebensgestaltung gelegt wurde. Aus anderen Studien (wie gesagt, ich habe sehr viel gelesen, ob gedruckt oder online) wird zum Beispiel deutlich gemacht, welchen großen Einfluss auf eine gesunde Prä-, Peri- und Postmenopause die Klassiker des guten Lebens haben: gesunde Ernährung, viel Bewegung, genug Schlaf, nicht zu viel Stress, sinn- und bedeutungsvolles Tun, soziale Verbindungen. Ja, das wird auf ein paar Seiten erwähnt à la „natürlich Kraftsport, Ernährungsumstellung, genügend schlafen, selbst ich Powerfrau brauche jetzt mehr als 5 Stunden Schlaf!“. Ich finde mich da halt nicht so ganz wieder als Frau, die stolz drauf ist, wenn sie am Tag ein Stündchen spazieren geht und Nüsse nascht statt Chips und ansonsten verquollen durch den Tag torkelt, wenn sie keine 7 Stunden Schlaf hatte.

Du kannst nicht immer 17 sein“ – Haha! Von wegen!

Ich selbst habe ja nun mit knapp 52 einige der Symptome, die man kennt, meist für kurze Zeit gehabt – Gelenkschmerzen, Herzklopfen, Schlaflosigkeit vor allem, aber keine Hitzewallungen. Meine Psyche erinnert halt – leider? – zurzeit oft an die Pubertät und gibt mir davon eine 2.0-Version.

Ich rede ziemlich offen über die Wechseljahre, und das ist ja auch etwas, was unterschiedlich ankommt. Für manche Frauen, das merke ich, ist es eine Erleichterung, dass sie mal drüber reden können, vor allem für solche aus einem konservativen und beruflich männlich geprägten Umfeld. Anderswo las ich dagegen, es werde ja schon viel zu viel über das Thema geredet, Frauen da – schon wieder! – als defizitäre, schwache Geschöpfe dargestellt, die sich schonen müssen. Hm. Wie so oft ist es wohl ein Mittelweg zwischen Auf-sich-Achten und Sich-in-Zipperlein-reinsteigern…

Mal Sonne, mal Wolken – auch Ü50

Pflanzen und HET

Wie sieht denn da der richtige Weg durch diese Zeit aus? Ich kann nur sagen, wie er für mich aussieht. Ich nehme vor allem pflanzliche Mittel ein, die manches erleichtern sollen, vor allem Johanniskraut gegen depressive Verstimmungen und Melatonin-Depot-Kapseln und Baldrian für besseres Schlafen. Gerade versuche ich auf Anraten meiner Gynäkologin Phytoöstrogene, ob die etwas ändern, werde ich sehen. Bisher machen sie nur Magendrücken.

Ansonsten gönne ich mir schon seit Mitte 40, dass ich als Freiberuflerin nicht mehr Vollzeit arbeite, um mein Stresslevel zu senken.

Aber ich bin auch keine alleinerziehende Frau mit zwei pubertierenden Kindern, einer dementen Mutter und einem stressigen Vollzeitjob, der zu Stress kaum eine Alternative bleibt. Ich kann und ich darf diese Phase dafür nutzen, mal einen Schritt zurückzutreten, statt mit HET-Unterstützung einfach weiterpowern zu können, Alternative Burnout und Armut.

Veränderliches Wetter

Was darf sich ändern?

Eine liebe Freundin und zugleich Psychotherapeutin sagt oft den Satz: „Was darf sich beim Klienten ändern?“ Sprich: zu welchen Veränderungen jenseits von „meine Stimmung soll besser sein“ sind die Klient:innen in einer Psychotherapie bereit? Mir geht es da ähnlich zurzeit. Meine Lebensumstände sind so, wie ich sie haben will, von Partnerschaft über Geld und Hobbys bis Job. Und doch werde ich unaufhaltsam älter, und neben den Dingen, die ich irgendwann ändern muss, zum Beispiel aus gesundheitlichen Gründen, kommt ja das hinzu, was ich vielleicht doch mal ändern könnte. Kann ich es mir vorstellen, wieder mehr kreativ zu sein, noch ein Buch zu schreiben? Wäre es etwas für mich, zusätzlich zu meinem geschätzten Zeitungsjob mal eine HP-Psychotherapie- oder Coaching-Ausbildung zu machen? Wie finde ich wieder mehr Zugang zu meiner Spiritualität?

So fühle ich zurzeit eine starke Tendenz zur Innenschau. Ich will nicht mehr in den sozialen Medien mit Besserwissern jeder Couleur diskutieren, ich will mich nicht unnötig für andere aufreiben, ob nun beruflich oder privat. Ich sehe mich aktuell auf den Wogen, die – wie gesagt – an das Auf und Ab der Pubertät erinnern, und frage mich neugierig: Wo geht diese Fahrt hin? Was muss, was darf sich ändern? Ist es nicht richtig und gut, jetzt auch als gestandene Frau Ü50 ab und zu auf den Tisch zu hauen voller östrogenmangelnder Gereiztheit und zu sagen: „Ich mach das nicht mehr mit!“?

Herbst, Zeit der Reife

Embrace the juicy-crone year!

Jetzt jenseits von den rein gesundheitlichen Aspekten, die man auch auf ein paar Seiten ganz gut zusammengoogeln kann, fand ich das hilfreichste Buch über das Älterwerden als Frau eines zwischen Psychologie und Spiritualität und etwas Old-School-Feminismus, geschrieben von einer Jung’schen Tiefenpsychologin. Es heißt Feuerfrau und Löwenmutter. Göttinnen des Weiblichen und stammt von Jean Shinoda Bolen. Die Originalausgabe Goddesses in Older Women: Archetypes in Women over Fifty erschien 2002.

Bolen arbeitet mit Archetypen, und es gibt auch weitere Bücher von ihr zum Thema (am bekanntesten wohl Göttinnen in jeder Frau: Psychologie einer neuen Weiblichkeit). In dem Buch geht es darum, welche Archetypen für eine ältere Frau lebbar sind (wie die weise, unabhängige Hekate), welche Probleme die bringen können, die man vorher lebte („die verführerische Aphrodite“ ist Ü50 komplizierter als „Artemis allein im Wald“). Statt zu klagen, dass manches vorübergeht, rät sie: embrace the juicy-crone years.

Und das geht für mich ein Stückchen über das Thema östrogenmangelbedingte Scheidentrockenheit hinaus!

PS: Die Bilder stammen vom Spaziergang heute und sind frei assoziiert eingefügt, damit ihr, liebe Leser, nicht so vor der Bleiwüste zurückschreckt 😀

Die kleinen Dinge

Es ist ja schon eines dieser psychologisch-spirituellen Klischees, dass man die kleinen Dinge wertschätzen muss, das kleine Glück. Aber eben jenes Klischee stimmt, wie so viele andere aus dem Bereich, einfach auch oft.

Ich bin ja zurzeit auf dieser Achterbahn namens Wechseljahre (oder sollte ich besser sagen: die Achterbahn namens Leben?), und mir ist von diesem Hin- und Hergeruckel, dem Auf und Ab, manchmal schon ganz schön blümerant. Gestern ging’s mal wieder huiiiihhh bergab, weil sich ein paar unschöne Dinge beim Zahnarzt zeigten, die mich noch einige Nerven und Schmerzen kosten werden. (Immerhin wurde ich für meine schön fleißig geputzten Zähne gelobt.)

Aber gleichzeitig war das wie ein dezenter Tritt in den Hintern. Zum einen, mich wirklich und vorrangig erst mal wieder um mich zu kümmern. Nein, nicht um X mit den vielen unlösbaren Problemen oder Y, der seinen Hintern nicht hochbekommt, um gesünder zu leben. Sondern um mich, die sich um die Xs und Ys ihrer Welt viel zu sehr den Kopf zerbricht – was niemandem etwas bringt, denen nicht und am wenigsten mir.

Und dann eben jene kleinen Dinge. Heute Vormittag habe ich bewusst einige davon genossen: Da war das genau richtige Lied, das das Autoradio von meinem übervollen USB-Stick auswählte. Da war der junge Mann an der Rezeption in der Bücherei mit dem W20 an einer Kette um den Hals, mit dem ich mich kurz und nett über P&P-RP unterhalten habe (wenn ihr nicht wisst, was das ist, seid ihr selbst schuld). Der Korb voller Literatur zu philosophischen, psychologischen und spirituellen Themen, den ich glücklich aus der Bücherei schleppte. Der schöne Spaziergang durch den Exotenwald, und die Krähen grüßten mich, und der Regen kam später als angesagt. Der ältere türkische Herr, der mich an der Kasse vorließ mit meinen drei Tüten Kürbiskernen (mein schlimmstes Suchtmittel). Die unglaublich wundervoll kitschige pseudo-griechische Vase, die am Straßenrand stand und von mir mitgenommen werden wollte.

Solche kleinen Momente sind Gold wert.

Gelesen: Zuversicht von Katharina Afflerbach

Untertitel: Wahre Geschichten vom Weitermachen und Wachsen in schwierigen Zeiten

Nicht jedes Buch, das ich lese, findet seinen Weg hierher in den Blog. Dieses jedoch hat mich auf besondere Weise berührt. Es war ein Zufallsfund aus der Stadtbücherei.

Katharina Afflerbach, die nach einer Karriere in der Wirtschaft ins Coaching wechselte, erzählt von ihren persönlichen Erfahrungen mit Krisen, Verlusten und Neuanfängen und davon, wie sie daran gewachsen ist. Sie schreibt offen, verschweigt weder Umwege noch Fehler und zeigt so ein authentisches, ungeschöntes Bild ihres Weges.

Eingewoben in ihre eigenen Schilderungen sind die Geschichten von 17 weiteren Menschen, die ebenfalls mit dem Themen Weitermachen und Wachsen konfrontiert waren. Manche Erlebnisse sind vielen vertraut wie eine berufliche Neuorientierung, eine Trennung. Andere gehen tiefer unter die Haut: Flucht, lebensbedrohliche Krankheiten, Sucht. Besonders berührt hat mich die wertschätzende und nicht wertende Haltung, mit der Afflerbach diesen Menschen begegnet. Sie dankt ihnen ausdrücklich für das, was sie von ihnen lernen durfte, und lässt uns Leserinnen und Leser daran teilhaben.

Eines der zentralen Themen des Buches ist die Erkenntnis, dass das Leben nicht immer fair ist. Es hält Schmerz, Ungerechtigkeit und auch eigene Fehler bereit. Doch ebenso zeigt es, dass wir innere Ressourcen entwickeln können, um damit umzugehen – dass wir uns gegen Zumutungen von außen wehren, uns selbst verzeihen und Veränderungen anstoßen können.

Die Geschichten machen sichtbar, woher Menschen ihre Kraft ziehen: aus der Liebe zur Familie, aus der Natur, aus Spiritualität oder dem Glauben an Gott.

Mich hat das Buch bewegt. Manchmal habe ich mit feuchten Augen gelesen. Und es hat mich dazu gebracht, auf mein eigenes Leben zu schauen – eines ohne dramatische Katastrophen, aber wie wohl jedes Leben mit seinem Anteil an Herausforderungen, radikalen Wendepunkten und dunklen Tälern.

Rückblickend denke ich: Ja, ich habe Fehler gemacht, manches hat lange gedauert. Aber ich habe auch vieles richtig gemacht. Sonst wäre ich heute nicht so zufrieden mit mir und meinem Leben.

Wenn ich einmal alt bin

Wie will ich sein, wie will ich leben, wenn ich älter, wenn ich alt bin? Darüber denke ich mit Anfang 50 und mitten in den Wechseljahren hin und wieder nach.
Vor kurzem las ich dazu einen Artikel in der Zeit, in dem die 53-jährige Autorin Simone Buchholz überlegte, wie sie später mal leben möchte – in der Stadt oder auf dem Land, hier oder im Ausland, allein, zu zweit oder doch eher in einer Senioren-WG?
Auch in dem (lesenswerten) Buch von Miriam Stein: „Die gereizte Frau. Was unserer Gesellschaft mit meinen Wechseljahren zu tun hat“ geht es neben vielem anderen (dem Blut, der Wut, dem Bauchfett) darum, wie man sich in diesen Jahren neu justiert mit Blick auf das, was kommt.

Wie will, wie werde ich wohl mit Ende 60 oder 70 leben?

Auch wenn ich älter bin, will ich viel im schönen Odenwald wandern gehen, wenn ich kann.

Nun, höchstwahrscheinlich hier in der Region und bescheiden. Meine Rente ist kaum der Rede wert, dazu habe ich zu lange studiert, meine Mutter gepflegt und wenig verdient. Dass man als freie Lokaljournalistin keine Millionen scheffelt, ist wohl hinlänglich bekannt. So viel arbeiten, dass ich eine auskömmliche Rente bekäme, kann ich gar nicht mehr in diesem Leben.

Und das macht mir zumindest zurzeit auch kein bisschen Sorge. Zum einen neigt man in meiner Familie dazu, mit Anfang/Mitte 70 dement zu werden oder schon tot zu sein. Das strebe ich nicht an, aber ich weiß inzwischen, dass man sein Leben nicht völlig planen kann.

Dann ist es so, dass ich mir heute gut vorstellen kann, dass ich, sollte ich körperlich und geistig dazu in der Lage sein, auch mit 70 oder 75 Gemeindevertretersitzungen und Theaterstücke besuche und darüber schreibe. Warum nicht! Mir macht das ja Spaß. Vor kurzem sprachen der beste Ehemann von allen und ich darüber, ob wir zu arbeiten aufhören würden, wenn wir eine gute Sofortrente im Lotto gewinnen würden (wir spielen natürlich nicht). Wir waren uns einig – nein.

Seht, die Malven auf dem Felde… oder so.

Und wenn ich mit 70 oder 75 körperlich und geistig so kaputt bin, dass ich nichts mehr tun kann – spielt es dann eine Rolle, ob ich viel Geld habe? Ich nehme an, man wird mich in diesem Land schon nicht verhungern lassen, ebenso wenig, wenn ich mit 70 einfach keinen Bock mehr auf Arbeit habe. Viel brauche ich, brauchen wir nicht, wir haben uns einen gewissen bohemian-studentischen Lebensstil nie abgewöhnt, ihr wisst schon, Senfgläser als Trinkgläser, die Küche von 1970, mein Auto älter als Gott. Das ist alles verhältnismäßig billig. Ich kann mir gut vorstellen, im Alter noch bescheidener und in einer kleinen Wohnung zu leben statt im eigenen großen Haus, oder aber da mit mehr Menschen zu wohnen als jetzt.

Freizeitbeschäftigungen, die nichts oder wenig kosten, pflege ich ja jetzt schon – von Wandern über Lesen bis Heimatkunde erforschen. Ich scherze manchmal darüber, dass ich lauter Rentnerhobbys betreibe.

Rentnerhobby: Pilzesammeln


Und wie will ich sein, was für eine Frau wäre ich gerne mit 70? In dem oben erwähnten Artikel von Simone Buchholz schreibt diese: „Ich werde eine liebende, mächtige Hexe sein, nicht zu gefährlich, aber ein bisschen“ – und dann weiter, dass sie schick aussehen will und hohe Schuhe tragen möchte und viel Schmuck.

Letzteres werde ich nicht, ich liebe Wanderstiefel und Teva-Sandalen. Aber im ersten Teil finde ich mich wieder. Mein Markenzeichen, ziemlich viele wilde hennarote Haare, werde ich behalten. Ich werde, muskulös und mollig, mit geflickten Jeans und derben Wanderstiefeln durch die Wälder stampfen, am Arm einen Korb mit Pilzen, Beeren und Kräutern, die ich gerade gesammelt habe. Mein Gesicht wird braungebrannt und runzelig sein, wie ein freundlicher Apfel. Ich werde oft fremde Menschen anquatschen, mehr oder weniger weise Ratschläge geben, dubiose Kräutertinkturen verteilen und mich von niemandem einschüchtern lassen.

Man wird mich immer noch im Ort kennen, weil ich allerlei komische kulturelle und künstlerische Dinge tun und auf jeder Demo gegen dumme Menschen mitlaufen werde. Vielleicht werde ich in der Gemeindevertretung sitzen und alle nerven. Ich werde irgendwann angefangen haben, etwas verstörende und wirre Bücher zu veröffentlichen, die seltsamerweise einen gewissen Leserkreis finden. Und manche werden sagen, dass ich in Vollmondnächten mit anderen dicken alten Frauen nackt über die Wiesen tanze; aber das wird natürlich nur ein dummes Gerücht sein.

Nett zu sich sein

Ich beschäftige mich gerade wieder ein bisschen damit, wie der Umgang mit dem eigenen Körper sich auf die Psyche auswirkt, und lese dazu ein schönes Einstiegsbuch (Zuhause im eigenen Körper von Sabine Ecker). Irgendwie auch ein bisschen doof, ich weiß ja eigentlich alles, habe auch jahrelang Tai Chi und Yoga gemacht… aber dann schleicht sich doch wieder viel Wissen aus im Alltag.
Nun denn, ab September werde ich mal wieder einen Yogakurs machen. Und bis dahin auch ein paar mehr Übungen aus dem Büchlein. Wobei ich auch sonst versuche, nett zu meinem Körper zu sein: gutes Essen, viel Bewegung, nicht zu viel Stress und genug Schlaf. Und atmen!
Auch und gerade dann, wenn die Psyche mal etwas ruckelig unterwegs ist (Wechseljahre), ist die Konzentration auf solche Basics einfach zentral.

„Nett zu meinem Körper sein“ klingt natürlich etwas merkwürdig, da ich ja mein Körper bin, sozusagen die Hardware und Software in einem. Aber wenn man sich das Geistige und Körperliche schon getrennt vorstellt, wie es ja auch in unserer Kultur recht üblich ist, dann sollte man auch denken: Mein Körper ist nun mal meine Partnerin, solange ich lebe.

Wenn man seinen Körper dagegen die ganze Zeit kacke findet, weil er nicht schön oder stark genug ist, ihn mit Junkfood und Bewegungsunfähigkeit oder Suchtmitteln misshandelt, ihn stresst und quält – wieso sollte er dann nett zu einem sein und ständig glücklich machende Hormone ausschütten und gesund und schmerzfrei bleiben?

Manche haben schon eine echt toxische Beziehung mit sich selbst.

Ostseeurlaub

Hohenfelder Strand

Wir waren am Meer – genauer gesagt an der Ostsee in Ostholstein, kurz vor Fehmarn. Ich liebe die Ostsee sehr, auch wenn ich sie bis ins Erwachsenenalter nur zweimal gesehen hatte. Seitdem haben der beste Ehemann von allen und ich immer wieder dort Urlaub gemacht und nach und nach den deutschen Teil der Küste umrundet: Usedom, Rügen, Bad Doberan, der Klützer Winkel, Lübeck, Neustadt in Holstein und jetzt Heiligenhafen.

Dieses Mal war – ein bisschen schade, klar – nur ein Tag wirklich (nackt-)badetaugliches Wetter. Sonst gab es viel Wind und eher kühle Temperaturen, wenn auch Sonne.
Dabei schwimme ich sehr gerne im Meer. Aber mir (und meiner derzeit etwas angekratzten Psyche – immer noch und wieder die Wechseljahre? Keine Ahnung. Es nervt.) haben die endlosen Spaziergänge an oft menschenleeren Stränden mit malerischen Steilküsten sehr gutgetan. Wir hatten Hochwasser und viel Wind, also sogar ein paar enthusiastischere Wellen. Ich war erstaunt, wie viele ruhige Strandabschnitte es nur wenige Kilometer entfernt von stark besuchten Touristenzentren gab. Und überrascht haben mich auch die vielen kostenfreien Parkplätze dort. Das hat die kleine Geizliesel in mir gefreut.

Heiligenhafen fand ich insgesamt recht nett. Natürlich touristisch, aber doch ein Städtchen mit Geschichte – als Handelsplatz, Hafen und Ort des Segelschiffbaus. Die Stadt verändert sich ständig, nicht nur durch den Tourismus, für den z. B. Parkplätze einer Strandpromenade weichen mussten (sicher eine gute Entscheidung). Die vorgelagerten (Halb-)Inseln Steinwarder und Graswarder verändern alle paar Jahre ihr Aussehen und waren bis vor einigen Jahrzehnten noch getrennt. Der Ort war angenehm ruhig, eher Rentner als Partyvolk. Wir haben an einer der Hauptstraßen gewohnt und hatten trotzdem Ruhe.

Neben den langen Strandspaziergängen war das Wallmuseum in Oldenburg ein Höhepunkt für mich. Dort kann man viel über die slawische Vergangenheit Wagriens (Ostholsteins) erfahren – Dinge, die ich ehrlich gesagt vorher gar nicht auf dem Schirm hatte.

Das Museum bietet neben einer Ausstellung auch ein Museumsdorf, manchmal auch Aktionen zum Mitmachen oder Slawenfeste.

Einen der slawischen Kämpfer habe ich mir nach Hause genommen.

Nur die überall präsenten Runen haben mich ein wenig irritiert – Slawen und Runen?

Auch der Ort Oldenburg selbst ist nett, ebenso das kleine Städtchen Lütjenburg. Auffällig fand ich, dass man dort überall die hier sonst so verbreiteten rechten Aufkleber kaum im Straßenbild sah. Dafür war Heiligenhafen recht flächendeckend mit Antifa-Aufklebern versehen, und in Lütjenburg gab es sogar eine „Toilette für alle“ – also genderneutral. So weit sind wir hier im Odenwald noch nicht.

Spaß gemacht hat mir auch die NABU-Führung auf dem Graswarder in Heiligenhafen. Zusammen mit einem engagierten NABU-Mitglied und drei weiteren Teilnehmenden durften wir in ein für Besucher gesperrtes Vogelschutzgebiet und mit dem Fernglas nach Seevögeln wie dem Austernfischer Ausschau halten. Große Freude herrschte, als wir direkt hinter einem Schutzzaun eine Möwe mit frisch geschlüpftem Küken beobachten und fotografieren konnten. Führungen von Menschen, denen man die Begeisterung für ihr Hobby oder Spezialgebiet anmerkt, bereiten mir immer große Freude.

Interessant waren auch die Langbettgräber, eine steinzeitliche Begräbnisform.

Sehr schön fand ich auch die Strände auf Fehmarn – besonders bei Katharinenhof in südlicher Richtung. Mit dem Städtchen Burg konnte ich dagegen nicht so viel anfangen. Wir waren an einem Nachmittag nach langen Strandspaziergängen dort, und eine gelangweilte Touristenmasse schob sich die Straßen rauf und runter auf der Suche nach etwas Essbarem – so wie wir auch. Vielleicht müsste man zu einer anderen Tageszeit dorthin.

Fachwerkhaus in Lütjenburg

Hitzewelle

Heute und morgen soll die große Hitzewelle kommen. Ich fand es schon die letzten Tage ziemlich heiß und bin froh, dass es hier im Odenwald ein paar Grad kühler ist als in der Rheinebene – vor allem in den Städten.
Ich gönne mir, wenn mir das Hocken in der Verdunklung zu viel wird, den Luxus eines Ventilators auf der Terrasse und hatte selten in einem Sandalensommer so saubere Füße… sie stecken nämlich ständig in einer Schüssel mit kaltem Wasser.

Morgens laufe ich früh meine Runde durch den Wald, bevor es zu heiß wird (siehe Bilder), und versuche auch sonst, alles am Vormittag zu erledigen, soweit es geht. Ich schlafe wenig: Abends ist es mir zu warm, und morgens piepsen mich die Vögel durch die geöffneten Fenster früh heraus. Aber im Sommer brauche ich wenig Schlaf.

Unbeschwerte Sommerlaune habe ich aber nicht gerade. Ich denke, eben auch wegen dieser frühen Hitzewelle, über Klimawandel, Artensterben und Umweltzerstörung nach.
Gestern habe ich eine Diskussion zwischen einer jungen Kollegin und zwei konservativen Amtsträgern darüber mitgehört, ob man den Klimawandel – sagen wir es mal salopp – sportlich nehmen soll, im Sinne von: Dann haben wir halt Klima wie am Mittelmeer, ist doch auch schön, und bauen eben höhere Dämme.
Oder ob es angemessen, ja nötig ist, Angst zu haben, so wie es FfF oder die Letzte Generation artikulieren. Oder ob man sich lieber auf das konzentriert, was man konkret tun kann.

Ich selbst kann das Thema nicht leicht nehmen. Ja, klar, Italien-Klima in Deutschland, meinetwegen. Aber was ist mit den Menschen in Italien? Was mit denen in Marokko? Was mit denen in der Sahelzone?
Ich kann aber die Leute verstehen, die sagen: Angst ist vielleicht angemessen, aber wenn sie lähmt, bringt sie nichts, im Gegenteil. Lieber schauen, was man selbst vor Ort tun kann, und auch mal die positiven Seiten eines klimabewussteren Lebensstils hervorheben. Da kann ich durchaus mitgehen. Solarpunk.

Ich selbst habe keine Angst vor dem, was kommt. Ich bin eher traurig (und froh, keine Kinder zu haben) und habe gleichzeitig ein schlechtes Gewissen, weil ich zwar schon ein paar Dinge tue, um nicht ganz so viel Schaden anzurichten auf der Welt, aber vieles eben auch nicht. Und gleichzeitig fühle ich mich hilflos, denn ich weiß: Ich kann noch 1.000 Blöcke Tofu fressen, das wird das Klima und das Artensterben nicht ändern.
Andererseits will ich versuchen, wenigstens ansatzweise das zu tun, was ich für richtig halte. Und da erkenne ich auch den Pragmatismus eines Konservativen an, der sich für Windräder, PV-Anlagen und Stadtradeln einsetzt.

Das ist es ja, was mir auch die Freude an Mastodon und Bluesky inzwischen etwas vergällt. Klar, die rechten Schreihälse, die ständig gegen Ausländer, queere Menschen oder Grüne grölen, sehe ich dort so gut wie nicht.

Aber ich empfinde auch eine gewisse „Das ist alles so schrecklich, so schlimm!“-Grundstimmung, der – nehme ich mal schwer an – kein entsprechendes Engagement entgegensteht. Dazu geht mir eine gewisse Selbstgerechtigkeit auf den Keks. Ich habe das ja schon seit Jahren immer wieder gehört, dass das der große Makel der linksorientierten Menschen sei, und fragte mich immer: Was meint man genau damit?

Inzwischen weiß ich es. Da werden, habe ich das Gefühl, teilweise die Sub-unter-klein-Bubbles so exklusiv und adelig, dass jede*r, der irgendwie anders denkt oder handelt (auch wenn 95 % übereinstimmen), gleich ein Faschist, Arschloch oder sonstwas ist.

Erst vor kurzem hat mir irgendein selbstgerechter Herr erklärt, wie hirngewaschen ich sein muss, wenn ich hier in unserer Dorf-Parteienlandschaft überall vernünftige und nette Menschen entdecken kann, ja, auch bei Konservativen. Ganz ehrlich: Das ist mir zu blöd.

Nun denn. Ich glaube aber, jetzt zur Sommer- und Urlaubszeit muss ich auch mal solche deprimierenden Themen etwas außen vor lassen. Die Hormonachterbahn schlingert eh gerade wieder herum, und ich brauche nicht noch mehr Weltschmerz.

Daher habe ich – ganz gegen meine Gewohnheit – zwei angefangene Bücher erst mal wieder zur Seite gelegt:
Eva Menasses Roman „Dunkelblum“ über ein deprimierendes österreichisches Dorf mit Nazi-Vergangenheit und „Die Welt ohne uns“ von Alan Weisman.
In Letzterem geht es darum, wie sich die Erde verändern würde, wenn die Menschheit plötzlich verschwände.
Den Gedanken finde ich zwar weniger deprimierend, sehr wohl aber die Tatsache, wie unser dunkles Erbe von Plastikmüll über Ewigkeits-Chemikalien bis hin zu CO₂ auch eine Welt ohne uns noch viele, viele Jahre negativ prägen würde. Seufz.

Ich glaube, ich werde mal ganz bewusst ein bisschen Weltflucht betreiben. Habe in der Stadtbücherei einen Murakami gefunden und in einem öffentlichen Bücherregal einen Kluftinger-Krimi.

Ein Rucksack voll Verantwortung


Ich habe mich in letzter Zeit manchmal gefragt, warum mir alles so anstrengend vorkommt. Ist es der Rest von einem Virus, der mich im Mai mit Fieber niedergestreckt hat? Oder – mal wieder – irgendeine neue Variante von Wechseljahresbeschwerden?

Auf jeden Fall konnte ich nur viel nicken, als ich hier etwas über die Probleme von Menschen las, sich zu entspannen. Normalerweise bin ich ja eher relaxt. Aber zurzeit fühle ich mich oft angespannt wie eine Bogensehne. (Angst vor dem Glücklichsein konnte ich dagegen bei mir nicht feststellen.)

Und bei Angelas Beitrag über Wut dachte ich auch: So richtig wütend bin ich schon lange nicht mehr. Hm. Wo geht das alles hin?

Am meisten zum Nachdenken gebracht hat mich ein Ausdruck in einem Blogartikel – den ich leider nicht wiederfinde. Darin fragt die Autorin, wann sie eigentlich zu einer wandelnden To-do-Liste geworden ist. Denn so fühlte ich mich in letzter Zeit oft – als ob ununterbrochen berufliche und private Tasks durch mein Hirn rattern.

Höchste Zeit, mal anzuhalten, den viel zu schweren Rucksack, den ich trage, abzusetzen und genauer hinzusehen, was ich da so alles mit mir rumschleppe. Fühlte sich an wie ein Sack voller mentaler Wackersteine.

Vage assoziiert – das Stennen Ross, ein Steinross bei Hemsbach. Von wegen Wackersteine.

Und was ich fand, ist, dass ich sehr viel Verantwortung trage – oder glaube, tragen zu müssen. Und das nicht nur für mich, mein Handeln und Tun, sondern auch für das Wohlergehen meiner Lieben, die Genesung meiner psychisch angeschlagenen Freunde, für Arbeiten im Job außerhalb meiner Zuständigkeit, Haus, Garten und alles drumherum, für das Gelingen von Gruppenaktivitäten, für das Klima und die Demokratie und die Menschheit – und sowieso für alles.

Puh. Kein Wunder, dass ich inzwischen schnell außer Puste komme und eine To-do-Liste so lang wird. Das meiste davon ist von mir entweder nicht beeinflussbar, geht mich nichts an oder kann auch delegiert und aufgeteilt werden. Wenn ich hier nicht alleine wohne, bin ich auch nicht alleine verantwortlich für Ordnung, Sauberkeit und einen vollen Kühlschrank, oder?

Diese Erkenntnis hat mir sehr geholfen – der Rucksack wurde sofort leichter. Jetzt struggle ich mich durch den Versuch, das Loslassen der unnötigen Verantwortungen umzusetzen.

Verantwortung.

Schon ein ständiger Begleiter von mir. So ein alter grauer Mann (Gauck?!) schrieb mal irgendwo, Verantwortung sei die Freiheit der Erwachsenen. Je länger ich über diesen nicht gerade vor Lebenslust strotzenden Satz nachdachte, desto richtiger finde ich ihn. Ich kann nur dann frei sein, wenn ich bereit bin, auch die Verantwortung für mein Handeln zu übernehmen. „Tu, was du willst, und trage dann die Verantwortung“ ist daher auch so etwas wie ein Motto von mir. Manchmal mit dem Zusatz: „In Würde. Und bitte ohne allzu viel zu jammern.“

Meine Eltern waren der Meinung, dass ich als Kind möglichst früh möglichst selbstständig werden sollte. Da man in meiner Familie bevorzugt früh stirbt und sie schon älter waren, mag auch dieser Aspekt in dieses Denken hineingespielt haben. Aber auch das Gefühl der wackeligen Autonomie, die sie sich erarbeiten mussten als Menschen, die erst den Krieg und sein Ende miterlebten, dann das Ende der Naziherrschaft, den Anfang der DDR und deren despotische Auswüchse, die Flucht in den Westen. Den Kopf unten halten und tun, was alle tun – auch wenn es falsch ist –, das lag vor allem meinem Vater nicht. (Und meine Mutter machte eh meist, was sie wollte.)

Meine Eltern als junges Pärchen. Um 1950.

So fand ich mich als Kind immer hin- und hergerissen zwischen mehr Freiheit, als es die meisten Gleichaltrigen hatten, aber auch mehr Verantwortung. Ich konnte mit 9 oder 10 alleine nach Hause gehen, mir etwas kochen, Hausaufgaben machen, wann ich wollte, mich mit Freunden verabreden, wie es mir passte. Meine Eltern kontrollierten meine Hausaufgaben nicht. Sie erwarteten auch keine Supernoten – sehr wohl aber, dass ich die Verantwortung für mein Schülerdasein übernehme. Und das fand ich nicht leicht, denn in der Schule war mein Radius sehr viel eingeschränkter als daheim.

Einmal sprach ich mit einem Freund über Kindheit und Jugend. Er zeigte Sehnsucht nach dieser Zeit, als man „noch keine Verantwortung tragen musste“. Ich dagegen habe mich auch schon als Kind verantwortlich gefühlt – gleichzeitig aber auch unfrei. Ich musste in die Schule, da gab es keinen Ausweg ohne schlimmere Konsequenzen. Auch wenn die Anforderungen an mich mit den Jahren mehr werden – vor allem alles rund um Job und Finanzen und Behörden – fühle ich mich freier als zu Kinderzeiten. Ich kann und darf selbst über mich entscheiden.

Wie auch immer: Ich überlege jetzt, wie ich jene Verantwortung, die ich gar nicht übernehmen wollte und sollte, loslassen kann.

Die Selbstverantwortung will ich natürlich behalten. Das ist ein schönes Geschenk, das meine Eltern mir mitgegeben haben, das merke ich immer mehr. „Ich bin verantwortlich für mein Leben“ ist schon der erste große Schritt raus aus einer Neurose.

Ich, Schritte machend (2022).

Eine lebende Bibliothek

Was soll das sein, eine lebende Bibliothek?

Lena hatte zu einer Blogparade aufgerufen.

Und Angela hatte dazu einen schönen Beitrag gepostet.

Die Idee ist, dass man sich vorstellt, man sei mit all seinem Wissen, seinen Fähigkeiten und Erfahrungen eine Bibliothek, in der sich auch andere Menschen informieren können.

Erst konnte ich der Idee für mich selbst nicht viel abgewinnen, dann beschäftigte sie mich doch immer wieder. Interessanter als das, was ich fachlich „drauf“ habe – sei es durch das Studium (Sozial- und Geisteswissenschaften) oder durch persönliche Interessen (Pflanzenheilkunde, Mythologie, Heimatgeschichte) – finde ich, was ich fürs Leben gelernt habe. Stichwort Persönlichkeitsentwicklung.

Ich werde die Aufgabenstellung mal etwas lockerer angehen als in der ursprünglichen Blogparade beschrieben und das Ganze wie Werbung für ein Buch bzw. eine Buchreihe aufziehen.

Natürlich ist alles daran, inklusive Rezensionen und Zitaten, völlig fiktiv.

Katjas Reihe zur Lebenskunde

jetzt auch als Taschenbücher im praktischen Schuber!


Von Achtsamkeit, Akzeptanz, Dankbarkeit und dem ganzen Rest.

In dieser einfachen kleinen Anleitung kann der Leser leicht nachvollziehen, wie man mit den Grundideen der Akzeptanz-Commitment-Therapie (ACT) und anderer psychologischer und spiritueller Schulen sein Leben in die eigenen Hände nimmt.
„Mit 30 herum fiel mir die Erkenntnis wie Schuppen von den Augen: Ich kann niemals kontrollieren, was ich denke und fühle, aber sehr wohl, was ich tue. Später entdeckte ich das in den Büchern über ACT wieder.“ – Katja

„Im Endeffekt eh alles vom alten Scheißstock geklaut“, Meister U. (+), aktuelle Inkarnation unbekannt


Mit Pareto zum Glück

„Das Pareto-Prinzip besagt, dass man in den meisten Fällen 80 Prozent eines Ergebnisses mit 20 Prozent der Leistung erreichen kann. Ich habe das Prinzip seit der Grundschule verinnerlicht. Ich war die klassische Zwei-komma-irgendwas-Schülerin“, so schreibt Katja im Vorwort des Buches.
Es folgen 12 Kapitel zur Anwendung des Prinzips – nicht nur in Schule und Studium, sondern unter anderem auch im Bereich Hausarbeit, Gesundheit, Fitness und Normal-Sein.

„Sie nennt es Pareto-Prinzip, ich nenne es Faulheit.“ – Fritzchen M., Selfmade-Millionär


It’s good to be crazy – it keeps you from getting insane


„Für mich der Kern dieses Buches: Einem nicht unerheblicher Teil der Menschen geht es schlecht, weil die Leute extrem enge und unflexible Vorstellungen von Normalität haben und an daran fast zwangsläufig scheitern. Im Gegensatz dazu sind, wie Studien belegen, Exzentriker gesünder, glücklicher und leben länger. Daher gilt es, seine kleinen Marotten eher zu kultivieren als zu unterdrücken. Ein sympathischer Gedanke.“– Vivi W., berühmte reiche Punkerin (+)

„80 Prozent „normal“ zu sein ist völlig ausreichend für den Alltag. Siehe auch mein Buch Mit Pareto zum Glück.“ – Katja


Was wirklich wichtig ist

Dieses „Buch für Menschen über 40“ lädt dazu ein, in der Lebensmitte (oder auch später) immer wieder bewusst innezuhalten und sich zu fragen, was einem wichtig ist. Mit dem Wissen um die eigene Endlichkeit gilt es, Prioritäten zu setzen und vieles, was einem nicht mehr nützt oder gefällt, loszulassen.
So behält man das Ruder des Lebens in der Hand. Man muss dem eigenen Kompass vertrauen und zu wagen, ihm zu folgen. Hierin steckt viel Verantwortung – und noch mehr Freiheit.

„Tu, was du willst – das sei das ganze Gesetz.“ – A.C., Bergsteiger (+)
„Ich muss gar nichts – außer sterben.“ – Heta G., emanzipierte Mutti (+)


Nothing really matters

„Der Nachhall jenes Werkes, das da fragte, was wirklich wichtig sei, erscheint nun als Widerspruch und Vollendung zugleich. Denn wo der Mensch sich müht, sich zu bessern, sich zu verwirklichen, sich aufzurichten an seinem eigenen Ideal – da vergesse er nicht: Er ist Staub. Ein flimmernder Hauch auf einem umherwirbelnden Gesteinsklumpen, der seinerseits um ein sterbendes Licht kreist.
Was folgt daraus? Du wirst die Welt nicht erlösen, du kleiner Narr. Keine Tat, kein Werk, kein Wille vermag das All zu beugen.
Doch auch: Wenn du stolperst, wenn du fällst, wenn du fehlst – das große Ganze zuckt nicht einmal.
Erhebe also deinen Blick! Schau zu den Sternen, jenen stummen Zeugen der Ewigkeit. Vielleicht – ja vielleicht – blickt irgendwann ein Gott zurück. “ – Friedrich N., ewiger Junggeselle (+)

Was ich nicht kann

Angela hat vor kurzem einen schönen Blogbeitrag dazu geschrieben, was sie nicht kann.

Inspiriert war er von Anna Koschinski.

Ich fand das Thema interessant und habe eine ganze Weile darüber nachgedacht. Es gäbe ja viele Facetten zu beleuchten – und nicht alle sind relevant. Selbstverständlich beherrsche ich fast keine Sprachen, fast keine Karten- oder Brettspiele, so ziemlich keinen Tanz. Es gibt ja jeweils tausende auf der Welt. Und natürlich gibt es schon rein physikalisch und biologisch Grenzen, was ich können kann.

Ich habe mich dann mal auf Dinge konzentriert, von denen ich denke, dass es gut wäre, wenn ich sie könnte – und die auch recht allgemein verbreitet sind. Dabei fielen mir zwei Sachen ein: eine eher äußerlich, eine eher innerlich.

Äußerlich:

Ich erinnere mich, dass es irgendwo im P&P-Rollenspiel einen Elfenfluch gibt, der dazu führt, dass man immer ein bisschen unordentlich ist. Aus Kleidern hängt ein loser Faden, man hat Petersilie zwischen den Zähnen und merkt es nicht, auf frisch angezogenen Sachen sind sofort Flecken.

Ich bin offenbar diesem Fluch in der echten Welt erlegen.

Selbst frisch gekaufte Sachen haben sofort Katzenhaare an sich, meine eigenen Haare kann man wohlwollend als Mähne bezeichnen – nicht aber als Frisur. Ich habe immer irgendwo einen Pickel im Gesicht, und überhaupt: Jede Form von Perfektion scheint meinem Äußeren zuwider zu sein.
Ich staune, wie adrett manche Menschen aussehen können, während sich bei mir die Ketten ineinander verheddern, der Eyeliner verschmiert und schon wieder Schmutz an den Schuhen ist.

Ich kann, was das Aussehen betrifft, nicht richtig ordentlich sein.

Ohne Katzenhaare auf den Kleidern bin ich offenbar nicht richtig vollständig.

Innerlich:

Es fällt mir schwer zu akzeptieren, dass Menschen manche Dinge nicht tun (können), die sie – in meinen Augen – dringend tun sollten. Keine Sorge, ich bin ein toleranter Mensch und habe volles Verständnis dafür, wenn es mit einem Berufsleben nicht so recht klappt, wenn man zu mollig bleibt (bin ich ja auch), oder wenn sich andere hehre Ziele im Leben einfach (noch) nicht verwirklichen lassen.

Aber wenn Menschen sehr unter ihrer Situation leiden und/oder ständig darüber jammern, dann denke ich oft: Ja, dann änder doch was! Herrjeh.

Und weil ich bin, wie ich bin, rücke ich meinen Mitmenschen dann auch gern mit meinen mehr oder weniger wohlwollenden Analysen der Situation und passenden Änderungsvorschlägen zu Leibe. Gnadenlos. Habe ich schon erwähnt, dass ich Sternzeichen Skorpion bin?

Natürlich mag ich des Öfteren recht haben. Und nicht selten wird es auch erleichtert aufgenommen, dass mal jemand Tacheles redet und einen neuen Blickwinkel in eine „Ich bin das arme Opfer und kann nichts dagegen tun“-Perspektive hineinbringt. Oft aber gehe ich den Leuten damit einfach nur auf den Keks. Ratschläge sind auch Schläge – ich weiß es ja. Und trotzdem kann. ich. es. nicht. lassen.
Oder besser: Ich muss mich sehr zusammenreißen.

Aber ich arbeite dran – versprochen.

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