Ich liebe den Herbst, und ich habe mich schon sehr darauf gefreut, in den zwei Wochen Herbstferien diese schöne Jahreszeit zu genießen. Außerdem wollte ich Freunde treffen, viel wandern und mit dem besten Ehemann von allen Ausflüge machen und hier ein paar Dinge am Haus herumwurschteln, die anstehen. Aber ihr kennt das – es kommt erstens anders und zweitens, als man denkt…

Die Wochen davor waren für mich wirklich verhältnismäßig anstrengend – weniger wegen des (üblichen) Umfangs meiner beruflichen Arbeit, aber ich hatte eine unangenehme zahnmedizinische Sache zu erleiden, die wochenlang nachhallte. Dann musste ich noch andere medizinische Dinge abklären, was mich fürchterlich stresste und auch jetzt noch nicht zu 100 % erledigt ist. Und dann war da noch der Betonlaster, der mein Auto kaputtfuhr. Jetzt nerve ich in regelmäßigen Intervallen die gegnerische Versicherung, wie es weitergehen soll, bekomme aber nur „Ihr Fall wird bearbeitet“-Mails.

Dann war das Wetter in den ersten Ferientagen auch richtig scheußlich, und wir konnten einiges am Haus nicht angehen.

Und jetzt bin ich krank. Auf Halsweh folgte Schnupfen, und jetzt bin ich bei einem quälenden Husten angelangt. Corona ist es immerhin nicht laut Test. Der Freundin, die ich so gerne heute getroffen hätte, habe ich abgesagt; ich fühle mich weder fähig, nennenswert spazieren zu gehen, noch will ich sie indoor vollkeimen.

Ich bin ziemlich deprimiert, um ehrlich zu sein. Aber ich denke auch – wozu lese ich immer wieder Bücher über Acceptance und Commitment?

Ich muss es halt auch anwenden. Sprich: akzeptieren, dass es so ist und ich es gerade nicht ändern kann. Radikale Akzeptanz.


Und ich denke, vielleicht muss das jetzt auch mal sein – dass ich eine Woche oder so wirklich kaum etwas tue außer lesen, Tee trinken, ein bisschen Computer und Mini-Spaziergänge. Früher habe ich ganze Semesterferienmonate auf diese Weise rumgebracht, hüstel.

Zum Glück hatten wir am Samstag einen großen Korb voller Bücher in der nächsten Stabü mitgenommen. Gerade lese ich mit viel Vergnügen den Roman „Butter“ von Asako Yuzuki. Ich mag ja zeitgenössische japanische Literatur sehr – angefixt natürlich von Haruki Murakami, von dem ich irgendwann, ich glaube noch zu Studentenzeiten, „Die wilde Schafsjagd“ las.

Butter ist der erste Roman von Asako Yuzuki. Wie gesagt, ich bin noch nicht ganz durch, aber finde ihn sehr interessant. Ich habe das Gefühl, einen kleinen Einblick zu bekommen in den Alltag japanischer Frauen, die ja ihre eigenen und etwas anderen Kämpfe auszufechten haben als wir hierzulande, und das in einer nicht eben turbo-emanzipierten Gesellschaft.

So ist es für ein garstig hühnenhaftes Weib wie mich ( fast 1,80 und Kleidergröße 44/46 dort, wo Größen groß ausfallen) natürlich schon fast amüsant, wenn sich eine Frau mit 1,66 m als viel zu groß bezeichnet und als „fett“ gilt, wenn sie mehr als 50 Kilo wiegt. Aber die Schönheitsideale – klein und zerbrechlich zu sein – und der Druck, sich nicht gehen zu lassen, sind in der japanischen Gesellschaft, wie sie die Autorin darstellt, sehr stark.

Der Roman wird aus der Sicht einer jungen Reporterin namens Rika erzählt, die Interviews mit der inhaftierten Manako führt. Diese hat wohl in einer Art „schwarze Witwe“-Manier mehrere Männer unter die Erde gebracht. Diese erregt nicht zuletzt (bei misogynen Männern vor allem) Aufsehen, weil Manako furchtbar dick ist (70 Kilo!!!), sondern auch, weil sie sich leidenschaftlich und gleichzeitig fürsorglich gibt. Zentrales Element dabei sind ihre Kochkünste.

Manako beginnt, Rika zu manipulieren und dazu zu motivieren, mit Lust viel zu essen. Ich muss sagen: appetitliche Beschreibungen gelingen der Autorin gut! So bekomme ich, obwohl weitgehend vegan lebend, angesichts der Schilderungen des Essens darauf richtig Lust, unter anderem auf Butter. Butter, die auf Reis zerläuft…

Rika bewegt sich zwischen der Manipulation durch Manako und einem eigenen, selbstbestimmten Weg, bei dem sie nicht nur zunimmt, sondern auch sonst den Ansprüchen an eine pflegeleichte, gehorsame und liebe Frau nicht mehr genügen will. Aber auch von Manako entfremdet sich Rika, was diese nicht ungesühnt lässt…

Wie gesagt, ich bin noch nicht ganz fertig.
Ach – was wäre die Welt ohne Bücher!