
Ich muss gestehen, dass ich nicht allzu viele Bücher von Rushdie gelesen habe – und nicht alle, die ich begonnen habe, auch zu Ende. Aber eines meiner allerliebsten Bücher stammt aus seiner Feder: Der Boden unter ihren Füßen. Und auch in Quichotte habe ich etwas gefunden, das Bücher, die ich besonders mag, für mich auszeichnet: die Stimmung.
Denn: Bücher können eine tolle Botschaft haben, eine fesselnde, spannende Handlung, lustig oder lehrreich sein. Sie können durch einen geschickten Aufbau faszinieren oder eine besondere Sprache haben. Aber ich schließe Bücher besonders dann ins Herz, wenn sie eine besondere Stimmung hervorrufen, wenn sie in mir ein Echo wecken auf das, was auch auf den gedruckten Seiten passiert.
Das ist bei einigen Büchern von Margaret Atwood der Fall (first and last and always <3), aber eben auch bei Der Boden unter ihren Füßen – und jetzt auch ein wenig bei Quichotte.
Die Geschichte in Quichotte bewegt sich auf zwei Ebenen, die immer mehr ineinander übergehen.
Da ist zum einen die Romanfigur Quichotte: ein älterer Mann mit indischen Wurzeln, besessen vom Fernsehen, und nur sehr lose mit der Realität verbunden. So kommt es, dass er sich in eine Talkshow-Moderatorin verliebt und sich einbildet, zu ihr reisen zu müssen. Auf dem Weg dorthin erscheint plötzlich sein Sohn Sancho, der einfach aus dem Nichts auftaucht. Sancho merkt, dass sie sich in einer fiktionalen Realität befinden, dass nicht alles so ist, wie es sein müsste.
Parallel dazu gibt es den indischstämmigen Autor, der bisher eher schnell konsumierbare Agentenromane geschrieben hat und mit Quichotte nun etwas Ernsthaftes wagen will. Die beiden Erzählebenen verschmelzen zusehends. Es geht um Schuld und Reue, um Krankheit und Tod.
Und das Ganze spielt im 2019 erschienenen Buch in einer Welt, die sich zunehmend surreal anfühlt. Dieses Gefühl, dass die Realität ausfranst, dass ständig Dinge geschehen, die einfach nur irre sind… Ich meine: dieser US-Präsident? Ehrlich jetzt?
Gleichzeitig spart Rushdie nicht mit Überraschungen und greift Themen von der Opioidkrise über Rassismus bis hin zu Science-Fiction auf, die er gekonnt in die Geschichte einwebt.
Auf jeden Fall ein schönes, kurzweiliges Buch, das den Grundton „Die Welt ist irre geworden“ lange nachhallen lässt.
Schreibe einen Kommentar