Lesen, Wandern, Palavern

Kleopatra-Barbie und Dom-Yggdrasil

Unser Urlaub neigt sich langsam dem Ende entgegen, seufz. Wir sind gerade ausnahmsweise beide gesund (seufz, seufz) und waren so zu einem Ausflug nach Speyer aufgelegt. Ich bin immer wieder überrascht, dass das ohne Berufsverkehr von unserem Odenwalddorf aus gerade mal gut 40 Minuten mit dem Auto dauert.

In Speyer hatten wir uns nun doch noch die Ausstellung „Caesar und Kleopatra“ angeschaut. Ich war ja etwas zögerlich gewesen, da die Dauerausstellungen im historischen Museum der Pfalz, die mich am meisten interessieren – Urgeschichte und Römer – zurzeit nicht besucht werden können. Außer der Sonderausstellung zu Caesar und Kleopatra (oder besser: zu ziemlich vielem rund um die ptolemäischen Pharaonen und die Römer dieser Zeit generell, aber dazu gleich mehr) konnte man nur noch eine kleine Ausstellung zum Domschatz und eine kleine Fotoausstellung anschauen. Ich gestehe, 17 Euro pro Nase fand ich dafür etwas happig. Aber nun gut.

Die Ausstellung war auch an einem Werktag überraschend voll. Anfangs fand ich das etwas nervig, nicht zuletzt, da es nach Mensch müffelte, und ein offenbar sehr bedeutsamer Herr, der sich in unserer Nähe herumtrieb, anderen bedeutsamen Herren sehr laut alles erklärte, was es in der Ausstellung zu sehen gab.

Wie schon gesagt – meine Befürchtung, in der Ausstellung nur die künstlerische Rezeption des berühmten Liebespaares Caesar und Kleopatra zu sehen, bewahrheitete sich nicht, auch wenn das natürlich Thema war (vor allem Elizabeth Taylor – von ihr gab es sogar eine Barbiepuppe im Kleopatra-Look).

Interessanter war die Geschichte der ptolemäischen Pharaonen, die in der Ausstellung gewürdigt wurde. Ich muss ja gestehen, dass ich nicht immer auf dem Schirm habe, dass Ägypten seit Alexander dem Großen von makedonischen, sprich mehr oder weniger griechischen Herrschern beherrscht wurde. Ich fand es interessant, wie Kunst und Religion der hellenistischen Welt und Ägyptens dann zusammenflossen. Es gab sogar mit Serapis einen Mischgott zwischen Osiris, dem Apis-Stier, Hades und Zeus. Manchmal denke ich, diese etwas mehr laisser-faire-Haltung mit Göttern könnte sich der Monotheismus abschauen, statt sich die Köpfe einzuschlagen über die Frage, wie Gott nun richtig heißt.

Mit der ägyptischen Götterwelt (oder den Götterwelten – es gab ja verschiedene Kultlinien wie jene von Memphis und Theben) bin ich nicht so sehr vertraut. Von Ptah-Sokar-Osiris, einem Gott, der als Mumie dargestellt wird und eine Mischform des Schöpfergottes Ptah und der Totengötter Sokar und Osiris darstellt, hatte ich noch nie gehört.

Rechts vorne: Ptah-Sokar-Osiris

Interessant fand ich auch, wie unterschiedlich Kleopatra zu ihrer Zeit bildlich dargestellt wurde. Dabei muss man allerdings einschränken, dass man bei vielen Statuetten usw. nicht sicher ist, ob sie wirklich sie (oder auch eine Vorgängerin – Kleopatra war immerhin Nr. 7) zeigen. Freude hatte ich (wie bei Römerausstellungen immer) an den Pimmelmännchen.

Die Ausstellung bot vor allem für Kinder viel Interaktives. Wenn es weniger voll gewesen wäre, wäre ich da auch mehr mit am Start gewesen. Immerhin konnte ich meinen Namen in Hieroglyphen schreiben. Der Chepresch zum Verkleiden war zu meinem Leidwesen nicht groß genug für mich.

Wir bummelten danach noch ein bisschen durch Speyer, ich aß eine Portion Pommes bei einer Fast-Food-Kette, von der ich geschworen hätte, es gäbe sie seit den späten 1990ern nicht mehr.


In das sehr sehenswerte jüdische Museum Speyers gingen wir dieses Mal nicht, liefen statt dessen ein bisschen durch die Stadt und gingen am Rhein entlang (Helmut-Kohl-Ufer!). Ich erfuhr außerdem, dass Brezeln irgendwie sehr typisch für Speyer sind, und stand an einer Brezel-Ampel.

Wir waren auch im Dom, den ich merkwürdig kalt und unspirituell finde für ein Gotteshaus mit so viel Geschichte. Wir schauten uns diesmal nur die frei zugänglichen Teile an, wobei ich die Sammlung der Reliquien immer wieder faszinierend finde. Eine liebe Bekannte von mir nannte den Katholizismus (dem sie selbst angehörte) manchmal „Euro-Voodoo“ – daran muss ich dabei denken.

Interessant fand ich im Dom auch einen großen bronzenen Kerzenhalter in Baumform, auf dem man neben merkwürdigen Ausgebilden auch allerlei Bronzetiere entdecken konnte. Ich nahm ein Infoblättchen mit. Dort wurde erklärt, der Baum stelle Gottes Schöpfung dar, die aus drei Wurzeln herauswächst. Die Schlange (habe ich nicht gesehen) stehe für das Böse, die Triebe für die zwölf Stämme Israels, die Rose (habe ich auch nicht gesehen) für Jesus.

Ich fand das Gebilde seltsam. Wenn die Tiere Gottes reiche Schöpfung darstellen sollten, warum dann solche, die in der christlichen Symbolik nicht sehr beliebt sind – wie Kröten, Insekten und Raben? Wieso hat der Baum drei Wurzeln – ein Charakteristikum, das ich von Yggdrasil kenne, das mir aber bisher von biblischen Bäumen nicht geläufig war?

Seltsam fand ich auch, dass im Infoblättchen der Künstler oder die Künstlerin nicht genannt wurde. Nachdenklich spendete ich dem Raben eine Kerze.

Jetzt habe ich ergoogelt, dass die Rose Maria darstellen soll, nicht Jesus. Geschaffen wurde das Ganze von der Dominikanerin Burghildis Roth in den 1980ern. Sie war wohl eine rührige Kunsterzieherin und Bildhauerin.

2 Kommentare

  1. Michael Bauer

    Interessant. Ich verlinke hier bei „Website“ mein Geblogge zu der Ausstellung. Ich war eigentlich zu einem „Bloggerevent“ geladen. Ich war da einige Male Gast zu solchen Parties. Aber dann war es „nur“ ein Instawalk. Brauchte ich nicht. Ich war alleine dort. Mit dem Dom wurde ich auch nur langsam warm. Das ist halt ein Protzbau zum Ruhme der Salier. Aber dann….. Guck hier: https://mikelbower.de/elysium-hauchte-europa/

  2. Angela

    Wie spannend! Ich habe mich mal eine Zeit lang intensiv in das ägyptische Pantheon reingehängt, aber diese Mumie hatte ich auch nicht mehr auf dem Schirm. Bei solchen Verkleidestationen finde ich auch, das sie interessierte Erwachsene mit einplanen sollten 🙂

    Als ich Kind war, wurden wir auch oft zum Kochlöffel mitgeschleift, und ich glaube dieser Eindruck, den habe es zwischenzeitlich nicht mehr gegeben, kann auch daher kommen, dass die nicht mehr so aufdringlich in rot designt sind. Damals hat uns mein Psychologenvater immer noch beim Essen erklärt, dass die rote Farbe dafür sorgen soll, dass die Menschen schneller essen. Die Filiale in Husum jedenfalls ist immer noch an Ort und Stelle, aber schon lange in blau umdekoriert. Deswegen fällt sie deutlich weniger ins Auge.

    Liebe Grüße und ich drücke die Daumen, dass es mir eurer Gesundheit erstmal so solide bleibt!

    Angela

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