Ein Ort für innere und äußere Wanderungen

Monat: Februar 2025

Krokusse

Der Frühling kommt, und auch wenn der Winter nicht hart war, sehne ich ihn herbei. Wenn ich morgens die Fenster zum Lüften öffne, strömt mit der kalten Luft ein Schwall Vogelgezwitscher herein. Dort, wo die Wildschweine nicht alles umgepflügt haben, schauen Bärlauchspitzen aus der Erde hervor, und ich beobachte jeden Morgen die Knospen der Mirabelle, die vor meinem Fenster wächst und bald blühen wird. Die Katze haart wieder.

Und gleichzeitig habe ich Angst. Angst vor dem, was politisch gerade in Deutschland passiert. Mehr noch als diejenigen, die offen rechtsextrem sind, machen mir jene Angst, die damit flirten – und die, die dazu schweigen. Und das, was international passiert? Noch mehr Anlass zur Sorge. Sollten, müssten wir den amerikanischen Verwandten meines Mannes Asyl anbieten?

Ich komme mir oft vor wie in einem merkwürdigen, nicht besonders glaubhaften Film.

Surrealerweise verstehe ich zurzeit viel besser als früher, wie sich die Menschen gefühlt haben mögen, die an Corona-Verschwörungsmythen rund um Giftspritzen, Chip-Implantate und Maskendiktatur glaubten. Auch ich habe das Gefühl, dass die meisten meine Sorgen nicht teilen – ja, das Problem gar nicht sehen.

Und ja, es gibt auch die anderen, den Göttern sei Dank.

Durchatmen. Immer wieder daran erinnern, dass ich meine kleine Welt hier nur dann ein bisschen besser machen kann – für mich und andere –, wenn ich nicht resigniere.

Durchatmen. Es riecht nach Erde. Die Krokusse blühen zwischen den Maulwurfhügeln.

Ich brauche Platz

Und ich hoffe, ich finde ihn hier für mich. Ich schreibe gern und tausche mich gerne aus, aber ich merke, wie ich anspruchsvoller werde als Frau knapp über 50. Gerade bin ich dabei, die großen sozialen Netzwerke zu verlassen; die Mischung aus Bullshit-Bingo, Pöbeleien und dem ach so intellektuellen Phrasen-Ping-Pong langweilt und nervt mich.

Was hier entstehen soll? Einfach ein Ort für meine Gedanken, sicher auch Bilder, denn ich fotografiere gern. Ansonsten wandere ich durch den Odenwald, denke über vieles nach, sorge mich um die nach rechts ruckelnde politische Lage, bin feministisch und verheiratete Katzenfrau. Ich habe, ach, so viel studiert, heiße Magister, heiße Doktor gar und bin inzwischen glücklich als freiberufliche Lokaljournalistin.

Ich interessiere mich nicht für Kleider oder Schuhe (außer, es sind gute Wanderschuhe), habe zu viele Pfunde auf den Rippen, wundere mich, was mein Körper und Geist mit mir in den Wechseljahren anstellen, und besitze mit gutem Gewissen viel zu viele Bücher.

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