Ein Ort für innere und äußere Wanderungen

Krokusse

Der Frühling kommt, und auch wenn der Winter nicht hart war, sehne ich ihn herbei. Wenn ich morgens die Fenster zum Lüften öffne, strömt mit der kalten Luft ein Schwall Vogelgezwitscher herein. Dort, wo die Wildschweine nicht alles umgepflügt haben, schauen Bärlauchspitzen aus der Erde hervor, und ich beobachte jeden Morgen die Knospen der Mirabelle, die vor meinem Fenster wächst und bald blühen wird. Die Katze haart wieder.

Und gleichzeitig habe ich Angst. Angst vor dem, was politisch gerade in Deutschland passiert. Mehr noch als diejenigen, die offen rechtsextrem sind, machen mir jene Angst, die damit flirten – und die, die dazu schweigen. Und das, was international passiert? Noch mehr Anlass zur Sorge. Sollten, müssten wir den amerikanischen Verwandten meines Mannes Asyl anbieten?

Ich komme mir oft vor wie in einem merkwürdigen, nicht besonders glaubhaften Film.

Surrealerweise verstehe ich zurzeit viel besser als früher, wie sich die Menschen gefühlt haben mögen, die an Corona-Verschwörungsmythen rund um Giftspritzen, Chip-Implantate und Maskendiktatur glaubten. Auch ich habe das Gefühl, dass die meisten meine Sorgen nicht teilen – ja, das Problem gar nicht sehen.

Und ja, es gibt auch die anderen, den Göttern sei Dank.

Durchatmen. Immer wieder daran erinnern, dass ich meine kleine Welt hier nur dann ein bisschen besser machen kann – für mich und andere –, wenn ich nicht resigniere.

Durchatmen. Es riecht nach Erde. Die Krokusse blühen zwischen den Maulwurfhügeln.

1 Kommentar

  1. Angela Carstensen

    Ohja, das Vogelgezwitscher erklingt auch hier im mittelhohen Norden 🙂 So sehr ich den Winter liebe, freue ich mich über das Piepen und das Leben da draußen.

    Danke für die Erinnerung ans Durchatmen. Ist bei mir nicht immer selbstverständlich aktuell.

    Liebe Grüße
    Angela

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